Wir leben nun seit 2 Monaten mit Corona. Die erste Welle hat das Land wunderbar überstanden. Die Ausgangsbeschränkungen wurde gelockert - Auswärts essen ist wieder möglich, Theater und Museen öffnen bald, große Veranstaltungen müssen noch warten.
Die Lager driften immer weiter auseinander. Die Künster*innen aus allen Sparten werden immer lauter und rufen um Hilfe bzw. um Möglichkeiten wieder arbeiten zu können, der dritte Sektor die NPO´s haben noch immer nichts, ihnen wurde ein Hilfsfonds von 700 Millionen mit einer Verordnung oder Erlass Ende Mai versprochen. Nachdem mir dieser Sektor ein wenig bekannt ist, bin ich der Meinung das ist zu wenig aber man wird sehen. Aktuell haben NPOs bis dato noch garnichts erhalten.
Es wird noch immer auf die Abstandsbeschränkungen hingewiesen - der Babyelefant solls bitte sein, aber nach den aktuelle Bildern im TV halten sich immer Weniger daran. Die Arbeitslosigkeit der Jungen in Wien ist um 88% gestiegen - und nach meinem persönlichen Gefühl nach befinden sich diese vielen arbeitslosen Jungen nun alle in den Parks, am Donaukanal, auf der Alten Donau. Wohin sonst auch ? Die Clubs dürfen nur bis 23 Uhr offen haben - essen gehen ist wohl sonst kein Ding von Jugendlichen, das Wetter passt, also her mit Alkohol und bissi Gras und ab ins Grüne.
Ich war mit Hans an diesem ganz normalen Dienstag Abend gegen 18 Uhr 30 zum endlich vom Bürosessel wegkommen und auch etwas Luft und Bewegung tanken, an der Alten Donau. Ein ganz normaler Dienstag - am nächsten Tag Arbeit und die Alte Donau war überfüllt von Menschen. Ich würde schätzen so viele wie ansonsten an einem Freitag oder Samstagabend im Hochsommer, wenn nicht mehr.
Es stimmt mich sehr nachdenklich - einerseits weil die Abstandsbestimmungen wenig eingehalten werden und andererseits, sollte dadurch keine zweite Welle eintreffen, sich die Menschen an das chillige Nicht-Arbeiten gewöhnen werden und was dann ?? Ich weiß nicht was mir mehr Angst macht.
Aber ich überdenke auch mein eigenes Verhalten!! Ich mache nach wie vor notwendige Besorgungen, ich vermeide wenn möglich öffentliche Verkehrsmittel, ich trage brav meine Maske, ich halte überall Abstand, ich war bis dato noch nicht beim Frisör oder bei der Kosmetik. Ich habe ganz brav mein Rezept via EMail bestellt, ich nehme einen Einkaufswagen wenn ich in den Supermarkt gehe, Hans und ich waren noch nicht in einem Restaurant und wir haben uns noch nicht mit Freunden getroffen. Einzig meine Tante habe ich besucht aber da können wir draußen sitzen und halten Abstand.
Ich arbeite seit 16.3. aus dem HO - habe mich dabei eingerichtet und es funktioniert gut - aber ich habe den Eindruck mit diesem Verhalten sind Hans und ich ziemlich allein. Auf unsrem Kinderspielplatz im Innenhof der Wohnhausanlage tummeln sich Kinder wie Erwachsene, auf den Straße sind Menschentrauben anzutreffen, bei denen ich mir nicht sicher bin ob die alle in einen Haushalt gehören, in den Supermärkten wird man bereits wieder angerempelt und am Dienstag, den zweiten Tag in 2 Monaten an dem ich persönlich im Büro war, saß ich in der UBahn und durfte mitansehen wie einige Menschen OHNE Maske eingestiegen sind.
Andererseits - mir sind die Menschen mit denen ich nichts zu tun habe, egal. Ich überlege mir weniger Sorgen zu machen und einfach das zu tun, von dem ich meine dass es mich nicht persönlich einschränkt. Also ich würde schon gerne wieder Bekannte und Freunde treffen - weil mir ein paar Menschen fehlen, weil ich auch zu den Kolleg*innen im Team wenig Kontakt habe, weil die meiste Konversation die ich aktuell betreibe , beruflicher Natur ist - und das ist mir zu einseitig.
Ich muss nach einem langen Bürotag einfach raus, auch wenn es regnen sollte. Nur wenn es überhaupt nicht mehr geht muss das Laufband herhalten. Ich bin ja ein eher Morgenläufer (Morgen nicht mitten in der Nacht) das kann ich aber nicht jeden Tag, so marschiere ich abends dann meine 8-12km - meistens mit dem Handy am Ohr - telefonierend noch mit den Kolleg*innen, dem Boss. Aber das habe ich akzeptiert weil ich wenigstens dabei gehen kann.
Nur auch hier stellt sich schön langsam der Unmut ein - von den meisten mit denen ich spreche und die mir ehrlich antworten, erfahre ich, dass sie seit den Beschränkungen eine gewisse Entschleunigung, auch beruflich erleben. Ich bin in der Woche 10 des HO und habe größtenteils Wochen in denen ich noch mehr arbeite als vor Corona - und mein Pensum davor war schon ein Hohes.
Ich sehe bei Einigen mit denen ich zu tun habe, ihren Kampf mit der Situation und wie sie das aus welchen Gründen auch immer 1:1 auf ihre Mitmenschen übertragen - fehlende Empathie gepaart mit purem Egoismus. Einen Arbeitsdruck der weitergegeben wird, der so lange in der Kette weitergereicht wird bis er ein williges Opfer findet. Sehr oft war das ich - aber ich habe damit aufgehört. Ich habe mich vor 2 Wochen entschlossen, ebenfalls den Laden dicht zu machen wenn es mir reicht. Ich arbeite sehr gerne - ich mag meinen Job, ich mag neue Herausforderungen, wenn ich dann aber so wie gestern, ein Teil einer Gruppe von 6 Personen bin und am späteren Nachmittag als Einzige noch vor dem PC hocke und Probleme wälze, werde ich zornig !!!! Zornig auf mich - weil ich mich wieder nicht abgegrenzt habe, weil ich es persönlich nehme.
Wenn dann noch auf Unverständnis, Unwissenheit in der Belegschaft treffe - ist es AUS. An guten Tagen lasse ich dann ENDLICH den Bleistift fallen, an schlechten Tage brauche ich gar etwas zur Beruhigung.
Aber durch die Krise werden diese Tage weniger - ich muss mich zwar noch immer zwingen, diese eine Sache nicht noch schnell zu tun, muss mich zwingen (mit Wecker stellen) um die vorgegebene Uhrzeit Schluß zu machen, aber es wird!!!!! Leider viel zu langsam für mich ;) aber ich merke es und arbeite aktiv dagegen.
Ohne viel HO und Zeit zum Nachdenken wäre ich wohl noch nicht so weit.
Ich finde es jedoch nach wie vor schade, dass so ein Einsatz kaum gewürdigt wird - eher im Gegenteil, ich unterstütze damit die Trägheit der Anderen - weil wenns keiner macht - die Sabine wirds schon machen, war immer die Devise.
Und nachdem ich jetzt nicht mehr ganz so ticke, reagiert das Gegenüber mit Gegenwehr aber auch mit manipulativen Tricks.
Und endlich kann ich meine Seminare aus der Vera Birkenbiehl-Reihe anwenden..... auch schön :)
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Mona (Donnerstag, 21 Mai 2020 10:31)
Ja, ... so ein Spaziergang nach der Arbeit wirkt Wunder und tut gut! Den Cut zwischen Arbeit und Privatleben halte ich für noch wichtiger, wenn beides in den gleichen Räumlichkeiten stattfindet.
Also lass uns auch wieder gemeinsam gehen und gemeinsam unseren Gedanken nachgehen und sie austauschen! Auch wenn es gerade auf der Donauinsel zu einem Spießrutenlauf ausarten kann, weil so viele Menschen unterwegs sind.
Crazyelephant (Donnerstag, 21 Mai 2020 11:08)
Meine Mona :*