mediale Abstinenz - ein Selbstversuch, inkl. Updates ;)

 

Seit mehreren Monaten gehe ich mit dem Gedanken schwanger, festzustellen, ob es mir gelingt 1 Monat lang auf TV gänzlich zu verzichten. Nämlich gänzlich, nicht streamen, nicht nur schnell dieses Eine zu schauen, nein ehrliche Abstinenz.

Nachrichten entweder aus dem Radio oder im ORF.at oder in div. Online-Zeitungen lesen.

 

Am 25.10. habe ich dann mit Hans darüber gesprochen, weil wenn er nicht mitmacht könnte es sehr kompliziert werden. Aber alles kein Problem, er macht mit. Wir haben die Rahmenbedingungen für uns festgehalten und den Monat November 2021 dafür auserkoren.

 

Kurz danach, aber noch vor dem 1.11. habe ich von einer Bekannten (Freundin traue ich mich nicht schreiben, aber ich wäre ihr gern Eine) erfahren, dass sie gerade eine sehr besondere Zeit vor sich hat. Sie wird in den nächsten Wochen eine Chemotherapie bekommen. Ich wollte mehr erfahren, aber sie kann darüber aktuell noch nicht sprechen - weil sie sich selbst erst zurecht finden muss.

 

Bumm - im ersten Moment fühlte ich mich echt wie geschlagen. Ich quatsche da von meiner Lebensvorstellung für das nächste Monat und dann erfahre ich, mit welchen Herausforderungen Andere zu kämpfen haben.

 

Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen:

Ich kann es leider nicht ändern, ich kann da sein, ich kann vielleicht helfen, ich habe Mitgefühl und möchte unterstützen wenn man mich will, aber ich kann ihre Situation nicht abändern.

 

Was ich aber kann, ist, daraus lernen. Mein Wunsch zur medialen Abstinenz fusst ja nicht nur auf " ich sehe zu viel fern" sondern da hängen viele Überlegungen und selbstzerstörerische Gedanke dran.  Mit dem Vertrauen das mir mit diesem offenen Worten gegeben wurde, habe ich auch Verantwortung übertragen bekommen. Indirekt - wohl nicht mal wissend vom Gegenüber, Verantwortung für mich und meinen Umgang mit mir.

 

 

 

 

Ich habe seit dieser Unterhaltung viel nachgedacht, ich denke viel an meine Bekannte, ich traue mich nicht gleich wieder nachfragen. Zu schnell könnte es wie Sensationsgier rüberkommen. Aber sie ist in meinem Herzen.

 

Und sie soll wissen, dass ihre Offenheit und ihre Situation in mir eine Veränderung hervorgerufen haben, die ich seit mehreren Jahren versuche, umzusetzen.

 

Dabei hilft mir ua eben auch, mich abends mit anderen Dingen zu beschäftigen als in dieses blöde Kastl reinzustarren. Ich hatte ein wenig Bedenken, dass ich die Nachrichten nicht mitbekomme, aber das hat sich nach einer Woche noch nicht bewahrheitet. Ich bin über die Corona-Maßnahmen als Beispiel, besser informiert als ein Gutteil in meinem Umfeld, ich habe manche Nachrichten etwas später erfahren, aber es lässt sich auch damit ganz gut leben.

Erst gestern habe ich vom Tod von Georg Holzer erfahren. Ich mochte ihn und seine Moderationen bei Musikveranstaltungen. Ich werde niemals vergessen wie er die Anmoderation beim Konzert von Helene Fischer in Wien gemacht hat. Oder sein ABBA Shirt beim Rolling Stones Konzert.

 

Mich hat sein Tod tief berührt, seine wunderbare, unverkennbare Stimme, sein verschmitztes Lächeln. Ja ich weiß es ist blöd so auf den Tod eines Menschen zu reagieren, den man nicht wirklich kannte, aber so bin ich. Die gestrige einstündige Sendung in Radio Wien, mit seinen Kolleg:innen war sehr rührend gemacht und ist mit ein Grund warum ich den Sender sehr gerne höre.

 

Jedenfalls war es für mich etwas Besonderes, es nicht via TV zu erfahren, sondern nur via Äther mit der Macht der Stimme.

Und da sitze ich nun - erste Woche ohne TV fast geschafft.

 

Aber das ist nur ein kleiner Erfolg - viel mehr zählt die innere Veränderung, die Einstellung zu mir und mein Kampf, endlich aus einer selbstgebastelten Abwärtsspirale herauszukommen. Gestern nun ein minikleiner Teilerfolg: Ich habe ja auch Schlafprobleme, dh. es gibt Nächte da liege ich ab 3 Uhr morgens im Bett, wälze mich von einer auf die andere Seite und kann nicht mehr schlafen. Oder das Gegenstück, ich bin hundemüde und brauche 3-4 Stunden um einschlafen zu können. Schlafmittel sind auf Dauer keine Lösung, ich reagiere bereits auf die kleinsten Mengen davon mit einem Hangover den ganzen folgenden Tag über.

 

Also ist lesen das aktuelle Mittel der Wahl - gestern in einem Sitz fast 300 Seiten durchgelesen. Danach konnte ich binnen 20min einschlafen. Ein herrliches Gefühl war auch, dass ich 7 Stunden durchgeschlafen habe.

 

Durch die Abstinenz habe ich auch mehr Zeit - ich weiß es hört sich jetzt an, als hätte ich abends nur noch den TV aufgedreht, das stimmt nicht, aber wir haben immer Nachrichten gesehen, Hans hat mit Leidenschaft seine Quizz-Sendungen geschaut und gelegentlich sind wir einfach irgendwo hängengeblieben. Meistens Dokus - ab und an echten Junk, aber das sehe ich alleine, wenn dann so richtig dirty :) Zu dieser Art von TV stehe ich, ich schau das nicht regelmässig und nicht oft, aber gelegentlich ist es eine einfache Art, sich nur von Nebensächlichkeiten berieseln zu lassen.

 

...... update folgt........

So also 4 Wochen ohne TV geschafft, 2 Tage sind es noch nächste Woche.

 

Wie fühle ich mich dabei?

Eigentlich sehr gut, ausgenommen die Tage die Hans noch vor dem LockDown Nr.4 auf Dienstreisen war. Das ist wirklich zäh, den ganzen Tag im HO, dann 1-2 Stunden Bewegung oder Sport betreiben und dann ...... allein!!

 

Ich bin weder gerne und oft unter vielen Menschen, kann ganz gut auch mit wenigen Kontakten auskommen, aber diese Tage waren hart, weil komplett anders als die letzten de facto 6,5 Jahre, in denen Hans und ich auch den Alltag teilen.

 

Wir sind nicht immer zusammen, wir reden auch nicht die ganze Zeit, aber es ist ein verändertes Gefühl, wenn der Partner am anderen Ende des Landes oder gar im Ausland weilt.

 

 

Und diese Tage alleine haben abends auch noch beklemmende Erinnerungen an die Zeit vor Hans, in einer sehr schwierigen Beziehung gefangen, ausgelöst. Der Blick von meinem Rückzugsort, dem Schlafzimmer, im alten Haus in Hirschstetten, erinnert mich noch heute daran, wie gut es mir heute geht.

 

Ich hatte 2x Alpträume, weil im Traum ich mich wieder in diesem Haus, gefangen in einer Beziehung, verschuldet bis zum Anschlag, psychisch komplett unter Druck gehalten, wiedergefunden habe. Beim ersten Mal konnte ich mich nicht selbst aufwecken und bin diesen Traum bis zu seinem bitteren Ende, in einem wahnsinnigen Kampf mit meinem Ex-Partner gegangen, beim 2.Mal habe ich es geschafft vor einem voraussichtlich bösen Ende rechtzeitig wach zu werden.

 

Das also kann alleine sein auch auslösen - spannende Erfahrung, aber ich bin auch froh, dass sie vorbei ist.

Wir haben also öfters Ö1 abends gehört, gestern habe ich mir alleine die Oper "Der Alpenkönig und der Menschenfeind" angehört. Keine Musikvorstellung die ich nochmals hören müsste. 

 

Ich habe 2,5 Bücher gelesen, 2 davon leichte, fröhlichere Lektüre, weil ich ernstere Erzählungen gerade nicht so gerne mag. Ich habe zwar von meinen Lieblingsautoren: Sebastian Fitzek, Jo Nesbo und Jussi Adler Olsen, einige Bücher erstanden, auch das heurige Eine Stadt ein Buch Exemplar, aber ich weiß noch nicht wohin es mich beim nächsten Werk verschlägt. Stefan Zweig und Emily Bronte warten auch noch auf mich.

 

Außerdem habe ich mein Interesse an den Bezirksblätter aus dem Wein4tel entdeckt :)  Sie erinnern mich so sehr an die Bezirkszeitungen.

 

Heute morgen haben Hans und ich uns über diese Abstinenzzeit unterhalten und auch darüber gesprochen, ob wir nicht fix 1-2 Tage pro Woche einführen möchten, an denen das TV-Gerät tabu bleibt.

 

Wir werden voraussichtlich die Wochenenden wählen, weil after work dient es meistens eh nur zur Ablenkung und an den Sam- und Sonntagen, haben wir viele andere Dinge die wir gerne machen.

 

Außerdem hat Hans festgestellt, die Quizshows fehlen schon ein wenig - und ja das stimmt, die mögen wir sehr gerne.

 

Ich überlege schon was ich als nächstes Ausprobieren möchte - bin gespannt. Es schwebt mir vor eine Social Media Abstinenz oder keine Messengerdienste.

 

Mal sehen was kommt. Bis dahin schaffen wir noch unser Monat komplett und freuen und über das Durchhalten .

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