Vor zirka 6 Wochen, Anfang Juli 2022, habe ich einen Artikel geschrieben, in dem ich über "öffentlich sein" nachgedacht und teilweise Beweggründe für diesen Blog gefunden hatte. In diesen 6 Wochen hat das Thema in mir weitergearbeitet und gewollt oder ungewollt kam es auch in Gesprächen mit Unbeteiligten vor.
Eine Bekannte hat kürzlich erwähnt, dass Blogbeiträge voraussichtlich kaum gelesen werden, da sie die Zeit dafür zu schnelllebig hält.
Wer bitte tut sich das schon an, von der Huber Mitzi die Befindlichkeiten bei allzu belanglosen Dingen auf mehreren Seiten durchzulesen?
Im Gespräch habe ich ihr zugestimmt, galt diese Antwort doch in erster Linie nicht mir sondern einer weiteren Gesprächspartnerin, die diese Frage stellte.Der Grund dahinter war, dass die Fragestellerin einige meiner Blogeinträge scheinbar sehr gerne gelesen hatte und mich dann damit konfrontierte, ob mir das nichts ausmacht – so viel von mir preiszugeben.
Jetzt hat das natürlich bei mir eine andere, private Frage hinterlassen – wäre ja nicht ich!
Warum bitte, wenn mir das scheinbar klar ist, dass mein Geschreibsel kaum gelesen wird, hinterlasse ich überhaupt Beiträge? Bzw. warum genügt es mir offensichtlich nicht, wenn ich dies und das schon niederschreiben muss, dass ich es nur mir zugänglich mache? Warum also veröffentliche ich es zumindest im erweiterten Social Media Kreis? Und gleich Frage Nr. 2 dazu….
Ist es wirklich okay für mich, wenn ich bei einigen Themen mein Innerstes sehr weit nach außen stülpe und quasi blank ziehe?
Das finde ich extrem interessant, zumal ich parallel dazu in einem ganz anderen Bereich von einem Personenkreis mit der Nase darauf gestoßen wurde, dass ich schreibenderweise und nur flüchtig miteinander bekannt, mich offensichtlich besser öffnen kann.
Ich kann ein Problem jahrelang mit mir mittragen, ohne das ich auch nur einen Satz darüber mit sehr nahen Menschen wechsle.
Jetzt stellt sich gleich die nächste Frage? Bin ich in der Tat so verschlossen um mich Face to Face öffnen zu können oder liegt es doch eher daran, dass – siehe oben – die Zeit einfach so schnelllebig ist?
Wen kümmert schon, ob ich möglicherweise gerade ein Problem habe und Wer hat heute überhaupt noch die Zeit, sich über die
Probleme der Anderen Gedanken zu machen ?
Mir fällt es auch sehr schwer, Mitmenschen als Freunde zu bezeichnen. Warum? Weil ich in den letzten Jahren mehrmals jemanden als Freund/Freundin bezeichnet hatte und dann feststellen musste, das ist keine Freundschaft, das ist möglicherweise eine Bekanntschaft PLUS aber das wars.
Einerseits wurde mir das von den diversen Gegenübers auch so gesagt oder signalisiert und andererseits – ich hätte mich nicht getraut jemanden aus diesem Kreis zb. mitten in der Nacht anzurufen und um Hilfe zu bitten, hätte ich sie gebraucht.
Nun okay – es waren 1-2 Personen dabei, da dachte ich, es wäre möglich gewesen, aber da wurde ich schon vorher bewusst oder unbewusst in die Schranken verwiesen.
Nichts liegt mir ferner, als mich unerwünschter Weise jemanden aufzudrängen. Ich bin wahrscheinlich auch selbst keine gute „Freundin“ – bzw. nicht das was man gemeinhin dafür hält.
Erst gestern hatte ich mit einer anderen „Bekannten“ nach vielen Jahren Funkstille, ein langes sehr interessantes Gespräch. Spannenderweise war es sogar ich, die sich gemeldet und grundsätzlich die Möglichkeit freigelassen hatte, ob man sich trifft oder nicht. Das ist auch etwas was ich nicht gut kann, Treffen vorschlagen. Zu sehr ist die Möglichkeit gegeben doch zurückgewiesen zu werden.
Nun ja das wurde ich gestern also nicht und hatte ein mehrere Stunden langes, sehr angeregtes Gespräch, bei dem wir beide offensichtlich den Eindruck hatten, es gab keine „Stehzeit“ dazwischen.
Solche Erlebnisse sind jedoch extrem rar – und ich habe mich erst in den vergangenen Monaten vermehrt damit auseinander gesetzt Warum das denn so ist bei mir?
Nun, zum Einen fällt es mir schwer, dem Ruf nach „sag was du dir denkst“ zu folgen und dann doch so zu formulieren und tricksen, damit es dem Gegenüber auch passt. Ja es kann sein, dass meine Wortwahl oftmals auf Unverständnis stößt bzw. in der Form nicht gut vertragen wird.
Da hatte ich bis vor wenigen Jahren immer den Punkt offen, man möge mir sagen wo es hakt, ich werde für mich feststellen ob ich mich ändern kann oder eben mich distanzieren. Das lief aber niemals so, sondern über mehrere Ecken habe ich dann mitbekommen „man fühlte sich nicht gut mit meiner Art, und hat wie die berühmte Flatulenz, klammheimlich das Weite gesucht“
Um auf anderem Terrain laut zu posaunen „man wäre für 100% Offenheit in einer Freundschaft“
Aber das ist Schnee von gestern, auch ich habe mich über die Jahre mit diversen Menschengruppen arrangiert und halte mich dann oftmals für die Zeit der Zusammenkunft mit manchen Aussagen zurück.
Blöd ist halt nur, wenn im Laufe der Zeit ich nur mehr mein Zungenspitzerl zerbeissen müsste, weil das Gegenüber zwar „eine sehr dünne Haut bezüglich der eigenen Macken und Befindlichkeiten“ hat, im Gegenzug ich jedoch die dunkelschwarzen Anspielungen betreffend meiner Unzulänglichkeiten ohne Beschönigungen runterschlucken sollte.
Ja auch mit den Jahren können solche Begebenheiten ihre tiefen Risse hinterlassen – sogar bei mir .
Und so habe ich viele offenen Punkte, die ich für mich gerne klären würde. Und das nur aufgrund einer einzigen kleinen harmlosen Frage.
Nachsatz:
Ich schreibe diese Zeilen ohne Groll oder negativen Gefühlen - eine Errungenschaft, die mich Jahre gekostet hat. Ich sitze hier, überlege meine Fakten und versuche Antworten und Lösungen zu finden.
Außerdem habe ich genügend Selbstbewusstsein erlangt um mit einem lachenden, zwinkernden Auge sagen zu können
" Irgendeiner wartet immer"
(frei nach "Spiel mir das Lied vom Tod")
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